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Aus dem Leben des Musikers Seppel Stülb

Sein Großvater und die Onkel Pit und Jupp hatten Seppel schon in früher Kindheit mit Musik vertraut gemacht. Sie waren alle drei Hobbymusiker. Seppel durfte schon in jungen Jahren einen Akkordeonkursus mitmachen. Ein Klavier war auch im Haus an der Mosel, Trompete, Klarinetten und Schlagzeug - alles da, nur richtig angeleitet hatte ihn noch keiner. Nach dem Tod des Großvaters, Seppel war gerade 12 Jahre alt, ging es zunächst einmal ums Überleben in den letzten Kriegsjahren. Die Musik spielte nur eine untergeordnete Rolle.

Nach dem Krieg besuchte Seppel in Peine eine Musikschule besuchte, die leider sehr schnell wieder geschlossen wurde. Aber das konnte seine Zweitkarriere als Musiker nicht aufhalten.

Mit 16 Jahren begann Seppel Stülb bei der Dorfkapelle Vöhrum (sie wurde auch Käsekapelle genannt; denn der Schlager “Wer hat denn den Käse zum Bahnhof gerollt?” war, wie man heute so sagt, “IN”) erstmals in einer Kapelle zu spielen. Zuerst war er noch auf die Gunst des Schlagzeugers Schuster angewiesen, der ihn manchmal trommeln ließ, wenn er mal tanzen oder sich mit Mädels tummeln wollte.

Irgendwann bekam er dann eine große Marschtrommel, auf der ein Brett mit einem roten Samttuch und Fransen befestigt wurde, auf dem die Trommelstöcke abgelegt werden konnten. Dies war sein ganzer Stolz, weil es selbst gebastelt war! Zusätzlich baute er sich eine kleine Marschtrommel um, und eine weitere Trommel, die dumpfer klang, wurde zum Tom Tom. Nun hatte er erstmals die Grundausstattung für ein Schlagzeug zusammen, mit der er seine Karriere starten konnte. Gleichzeitig wurde hier schon sein handwerkliches Talent erkennbar, das gerade auch in Bezug auf Schlagzeuge immer wieder eine Rolle spielen sollte.

In der Eulenburg in Peine kam dieses kreative Schlagzeug-Modell das erste Mal zum Einsatz. Lange vor der Milliardenentschädigung aus deutschen Firmen wurden befreite Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Polen und Jugoslawien hier schon vor ihrer Rückkehr in ihre Länder mit Tanzmusik bei Laune gehalten. In dieser Veranstaltung, auf der vorwiegend Ausländer waren, fehlte es an deutschen Mädchen. So bestand eine schlechte Grundstimmung unter diesen gestreßten Menschen und es gab oft Schlägereien. Die Musik-Kapelle wurde aber immer sofort abgeschirmt, so daß ihr nie etwas passierte.

Und: Bei den Polen gab es immer etwas zu essen. Das war viel wichtiger als die Gage. Ähnliches erlebte auch Seppels spätere Frau Gertrud, die bei den Kapellen “Höhne” und „Jory“ als Pianistin tätig war. In diesem Umfeld lernten sich Seppel und Gertrud kennen und lieben. Sie teilen seither viele Erinnerungen an diese Zeit und das überaus dankbare und zunehmend deutsche Publikum.

Nach der Währungsreform spielte das junge Paar fast täglich mit der Kapelle „Welche?“ im Hotel Union Peine mit der Wirtin „Mimmi Mosel“, die als „Urgestein“ angesehen wurde!

In den folgenden Jahren wurde Seppel zusammen mit Eberhard Drommel in die 2. Besetzung der angesehenen Kapelle Poersch aufgenommen. Gertrud spielt in dieser Zeit bei der Kapelle Zappe, sofern die Kinder das zuließen.

Dann kam Seppel in die erste Besetzung der Kapelle Poersch und machte auch die Marschmusik mit.

1955 spielte Seppel spielt das erste Mal im “Telefunken-Tanzorchester”, der Big Band von Karl-Heinz Görlich, Hannover. Es war eine große Herausforderung für den „Provinzschlagzeuger, mit versierten Berufmusikern zusammen zu spielen und viele “Künstler” zu begleiten. Eine der ersten „Berühmtheiten“ war die zu dieser Zeit noch von ihrem Vater betreute Conny Froeboes mit dem Lied „Pack die Badehose ein“.

Etwa im Jahr 1960 wurde die Band “Marinos gegründet. Sie bestand aus 5 Männern und einer Frau - die Frau war natürlich Gertrud. Die Marinos spielten viele Jahre zusammen, auch auf Schützenfesten, obwohl das sehr anstrengend war und sich kaum noch mit dem Beruf und der Familie vereinbaren ließ.

Deswegen reduzierte sich die Besetzung 1966 auf eine kleinere Band, die “Bingos” (schon wieder so ein lustiger Name) mit Hannes Becher (Saxophon). Im Jahr 1969 entstand dann endlich die “Kapelle Stülb” als Trio mit Harry Rau. In dieser Besetzung spielte das Trio bis 1977 zusammen. Anfang der Siebziger Jahre gab es dann ein paar Auftritte in erweiterter Formation, als die Söhne Hans-Gerhard und Reinhard mit Freund Schmiddl ihre ersten Bühnenerfahrungen sammeln durften. Die Kapelle Stülb wurde bei ihren Auftritten immer wieder gebeten, „Modernere Musik zu spielen. Was lag also näher, als die Söhne zu fragen, ob sie nicht mit ihrer „Beatmusik“ ein paar „Einlagen“ bringen könnten. So geschah es denn auch. Titel wie „Ticket to Ride“ von den Beatles oder „????) wurden begeistert gespielt und hielten auch jüngeres Publikum in den Festzelten. Doch dieses gemeinsame Musizieren der Gesamtfamilie blieb die Ausnahme, weil die Kinder aus dem Haus gingen und ihre eigenen Bands hatten. 1977 kam dann kam Seppels Herzinfarkt und alles schien zunächst zuende. Gertrud trat nach über 30 Jahren öffentlicher Musikszene ganz von der Bühne ab – im Alter von 55 Jahren schien es ihr auch angemessen.

Aber der Kater Seppel konnte das Mausen nicht lassen. Kaum ging es ihm nach dem Infarkt wieder besser, holte ihn Erwin Christoph in das Peiner Werksorchester der P+S Peiner Stahl. Bis zur Auflösung dieses großen Orchesters war er dabei. Dann kam die Big Band “Rolling Mill”, in Salzgitter. Und wer baute die ganzen Notenpulte für die Truppe? Natürlich der begabte Handwerker und Musikliebhaber Seppel Stülb!

1989 bis 1997 gab es noch einen weiteren Höhepunkt seiner Musikerlaufbahn in der Ilseder Musik- und Sportgemeinschaft MSG, oder auch kurz MSG Ilsede genannt. Dieses war wohl die letzte große Station in einer beispielhaften Musikerkarriere.

Auch wenn die Zeit der öffentlichen Auftritte sich nach der Aktivität in der MSG Ilsede dem Ende zuneigte, ließ Seppel nicht von seinem Lieblingsinstrument, dem Schlagzeug, ab. Viele Jahre widmete er sich noch der Ausbildung des Nachwuchses, kümmerte sich um das Jugendvororchester der MSG und gab Schlagzeugunterricht.

Die größte Leidenschaft seines Lebens (neben Gertrud und der Musik) stand aber noch bevor. Kein Flohmarkt war mehr vor ihm sicher, Musikgeschäfte öffneten ihre Tore, Daueraufenthalte in der Peiner Musikkiste, Fachzeitschriften und Spezialisten wurden in Anspruch genommen:

Die Peiner Trommelbau GmbH und CO. KG wurde gegründet. Wo, um alles in der Welt, gibt es alte Trommeln, Zubehör - und - vor allem Böckchen? Wo gibt es bloß die passenden Böckchen zu all den Pearls, Sonors, Trixons und Co.? Wer hat Probleme mit seinen Trommeln? Seppel Stülb ist die heiße Adresse. Der kann alles reparieren, der macht alles wieder gut und alles wieder schön. Die Werkstatt quillt über mit Werkzeugen und Ersatzteilen. Drei bis fünf Schlagzeuge gleichzeitig sind in der Restauration oder im Wiederentstehen. “Liebe Leute, kommt heran, ich restauriere, suche und finde die passenden Böckchen. Mit einer alten Wringmaschine ziehe ich Folien in allen gewünschten Farben auf - nur zu, nur zu, es macht mir Spaß, fünf Keller sind erst voll und ich bin glücklich!” - Zur immer wieder aufflackernden großen Freude seiner geliebten Frau Gertrud ist das Kellergewölbe des Hauses eine neue Heimat geworden.

Auch heute stehen hier noch Schlagzeuge, liebevoll restauriert und spielbereit. Selbst wenn Seppel aus gesundheitlichen Gründen sich damit im Moment nicht mehr so viel beschäftigen kann, bleibt dieses Instrument doch sein Lebenselexier.


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